Helmut Marko hat in der Formel 1 alles miterlebt und steht dennoch weiter an vorderster Front. Zudem ist der Red-Bull-Motorsportberater Hotelier, naturverbundener Förster und Kunstmäzen. Im Kai 36, dem jüngsten seiner vier individuellen Hotelprojekte, baten wir den ehrfürchtig nur „Doktor“ genannten Marko zum ersten Abschlag.
Sie haben Ihr Jus-Studium abgeschlossen, aber nach dem abrupten Ende der Karriere sich u. a. der Hotellerie gewidmet. Wie kam es dazu?
Helmut Marko: Freunde haben gesagt, es gäbe in Graz kein State-of-the-Art-Hotel. Das Haus war im Besitz meines Vaters – ein Gasthaus mit ganz billigen Zimmern und Bad und Klo am Gang. Das Gebäude war aber aus dem 15. oder sogar 14. Jahrhundert. Außerdem habe ich auch damals schon bei Reisen individuelle Hotels den großen Ketten vorgezogen – das Potenzial war klar für mich.
Warum haben Sie den Plan gefasst, heuer ein viertes Hotel in Ihrer Heimatstadt, Graz, zu eröffnen?
Fast jeder in Graz kannte das abbruchreife Gebäude, seit Jahren aber war der Zutritt lebensgefährlich. Ich wollte es wieder zugänglich machen – ein Hotel mit Café lag auf der Hand. Am eindrucksvollsten sind aber die Terrassen mit Blick auf die Altstadt, irre. Sehr glücklich macht uns, dass sich schon richtige Hotelzampanos, teilweise anonym, das Kai 36 angeschaut haben, weil in unseren 21 eigenwilligen Zimmern in 400 Jahre alten Mauern so viel Innovation steckt.
Ein planmäßiges Vorgehen ist in Zeiten der Pandemie nicht mehr möglich. Wie lautet Ihr Resümee nach den ersten Monaten seit der Eröffnung?
Wir haben im März aufgesperrt und, ich glaube, drei Tage später, wieder zusperren müssen. Was unsere ganze Strategie natürlich über den Haufen geworfen hat. Wir haben aber einen sehr guten Sommer gehabt, dann ist alles eingebrochen. Jetzt herrschen katastrophale Verhältnisse. In der Relation zu Wien geht es uns noch gut, aber solange man keine einheitlichen Reiseregelungen in Europa findet, ist die ganze Branche in Gefahr und alle, die daran hängen. Ich weiß nicht, wann das endlich bewusst werden wird.
Sie betreiben nun vier Hotels in Graz. Gibt es gar noch weitere Hotelpläne?
Nein, mit dieser Corona-Hysterie muss man schauen, wie man das überhaupt überlebt. Momentan operieren wir teilweise mit Kurzarbeit, unser Vorteil ist, dass wir vier Hotels haben, aber vergleichsweise kleine. Wir jonglieren mit dem Personal, damit wir mit dem Kurzarbeitsmodell auskommen und offen halten können, aber nicht die vollen negativen Auswirkungen spüren.
Wie steht es um die persönliche Golf-Erfahrung?
Ich bin am Höhepunkt meiner Golf-Karriere abgetreten. In Watkins Glen (Anm.: Rennstrecke im US-Bundesstaat New York) wurde im Rahmen des Grand Prix ein Turnier mit allen möglichen Leuten veranstaltet. Und ich habe, weil ich vorher noch nie Golf gespielt habe, scheinbar so ein sensationelles Handicap bekommen, dass ich sogar gewonnen habe. Eigentlich ein super Einstieg. Franz Klammer, der bei mir in einem Tourenwagenteam gefahren ist und weit unter Wert verkauft wurde, hat mir auch geraten, mit dem Golf zu beginnen. Aber mit der Realität konfrontiert, habe ich gesehen, dass ich es bei meinem Höhepunkt belassen muss. Es hat mich auch nicht fasziniert, und ich war meilenweit entfernt davon, etwas richtig zu machen.
Was macht für Sie die Faszination Motorsport aus, und warum sind Sie immer noch aktiv in erster Reihe dabei?
Ich komme aus einer Generation, in der das Auto das Symbol für Freiheit ist. Ich war gerade 18 und hab noch am selben Tag meinen Führerschein abgeholt. Drei meiner Enkel sind über 18, und nur einer hat den Führerschein geschafft. Das ist heute ein bisschen anders. Nach wie vor fasziniert mich aber die Technik, die extreme Herangehensweise und die Beherrschung, wenn man einen Piloten wie Verstappen sieht, der fernab der Grenzen eines normalen Fahrers fährt und noch einmal einen draufsetzt. Außerdem der Wettkampf auf ganz hohem Niveau. Zudem ist es mit dem Reisen so: Wenn man nicht ganz blind ist, sammelt man sehr viele Eindrücke, und man kann sich Projekte wie dieses schon viel leichter vorstellen, als wenn man nur in Graz sitzen würde. Auf meinem letzten Maturatreffen war ich vor 40 Jahren. Die haben sich schon damals ausgerechnet, wann sie in Pension gehen. Ich bin da in eine andere Welt ein-, aber gleich wieder abgetaucht. Verstappen ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung.
Woher kommt ihre Leidenschaft für zeitgenössische Kunst?
Da muss ich meinen Philosophieprofessor ins Spiel bringen. Den jungen Alfred Kolleritsch. Urplötzlich war da ein Interesse und eine Anerkennung mit einem Lehrer gegeben. Es gab aber auch in meinem Umfeld viele gescheite Leute. Es war eine gute Mischung. Nicht nur Party und Motor. Der letzte Anstoß kam bei irgendeinem Bergrennen in Österreich durch Hans Staudacher, zu dem ich dann auch ins Atelier kam. Man kommt in Kontakt durch Formel 1 und Motorsport, das war generell ein völlig aufgeschlossenes Klima.
Was beeinflusst die Auswahl der Bilder?
Ich wähle die Bilder völlig aus dem Bauch heraus. Das meiste ist, wenn man die Wertsteigerung hernimmt, gut gewählt, aber das ist nicht der erste Punkt. Sondern, ob es mir gefällt, und natürlich muss es von jungen Künstlern sein, weil etabliert kaufen kann jeder, wenn man das nötige Geld hat. Früher bin ich auch öfter zu den Künstlern in die Ateliers gefahren, aber je älter ich werde, umso weniger Zeit habe ich, komischerweise.
- Helmut Marko im Gespräch mit Gerhard Krispl
Hier finden Sie die aktuelle Ausgabe zum Nachlesen im E-Paper Format:
GOLF REVUE Ausgabe 4/2020