Nicht nur die Golfwelt staunte im April 2019, als Woods beim Masters nach elf Jahren ohne Major-Sieg und 14 Jahre (neuer Rekord) nach seinem letzten Triumph im Augusta National Golf Club wieder das Green Jacket überstreifen durfte. Der Sieg sorgte weltweit für große Schlagzeilen und gilt als eines der spektakulärsten Comebacks der Sportgeschichte. Auch für die Produkteinführung der neuen Eisenserie „P7TW“ konnte sich TaylorMade keine bessere Werbung wünschen. Denn TW steht für den immer noch aktuellen Masters-Champion, der mit diesem Eisensatz zum ersten Mal in seiner Karriere ein Major in der Finalrunde von hinten kommend an sich gerissen hat.
Und Woods hat sehr konkrete Vorstellungen und ein extrem scharfes Wahrnehmungsvermögen, wenn es um die Feinheiten seiner Eisen geht. Ausgestattet mit präzisen Inputs kreierten die Ingenieure neun Prototypen und ermittelten so den perfekten Eisensatz für den nun 15-fachen Major-Sieger. „Golfer hatten noch nie die Möglichkeit, Eisen wie meine zu spielen … bis jetzt“, wird auch dem Tiger-Fan-Faktor in der Bewerbung gehuldigt.
Die Entwicklung der Tiger-Eisen war für das Team um Matt Bovee auch eine einzigartige Herausforderung, wie der Chef der Eisen-Abteilung von TaylorMade in einem Interview des „GOLF Fully Equipped“-Podcast Anfang des Jahres erläuterte: „Sein Niveau ist unübertroffen. Seine Fähigkeit, diese winzigen Unterschiede zu spüren, ist erstaunlich.“ Selbst kleinste Veränderungen an den Schlägerköpfen nahm er im Designprozess wahr, was die Ingenieure irgendwie perplex machte. Wenn es um seine Ausrüstung geht, gibt es halt keinen Raum für Vermutungen. Die Schläger müssen bis ins letzte Detail perfekt sein: „Er möchte, dass sich alles auf eine bestimmte Weise anfühlt und auf eine bestimmte Weise aussieht.“
Im Angesicht der Cobra
Laut Tom Olsavsky, Vizepräsident für Forschung und Design bei Cobra Golf, hängt der Einfluss in hohem Maße vom Spieler selbst ab. Nachdem er jahrelang mit dem großen Pool an Topprofis bei den Branchenführern Titleist und TaylorMade gearbeitet hat („Auch bei den anderen Marken gab es eine Menge Input von Tourspielern“), zählt Olsavsky nun auf eine kleine Gruppe von Pros, die bei Cobra unter Vertrag stehen. Darunter sind neben „Professor“ Bryson DeChambeau vor allem Rickie Fowler, Jason Dufner und Lexi Thompson, die während des Entwicklungs- und Designprozesses unschätzbares Feedback geben.
Der Trick bestehe darin, einen Weg zu finden, die technischen Anforderungen eines DeChambeaus mit Fowlers visuellen Vorstellungen zu verbinden – über die Jahre hinweg haben sich Olsavsky und sein Team perfekt darauf eingestellt. „Bryson sagt: ‚Es ist mir egal, wie es aussieht.‘ Er ist nicht so sehr ein visueller Spieler. Für Rickie muss es hingegen erst gut aussehen, bevor er sich beim Schlag wohlfühlt. Wir arbeiten oft das ganze Jahr über mit diesen Jungs zusammen und zeigen ihnen Prototypen und Skizzen.“ Fowler ist bekanntlich auch federführend am Design von Kleidung und Schuhen aus dem Hause Cobra Puma Golf beteiligt. Bei TaylorMades „Driving Relief Charity“-Event spielte Fowler bereits seine neuen Muscleback-Eisen; die Cobra Golf „RF Rev33“, die 33 Revisionen durchliefen, bevor sie das Ziel erreichten und bei Fowler das nötige Vertrauen erwecken. Das erforderte einige ernsthafte Ingenieursarbeiten und eine Menge von Rickies Fantasie – etwa beim Bronze-Gold-Finish.
Am Ladentisch
Profigolfer (zumindest ein Teil) sind also fest im Club-Design-Prozess verankert. Und wir können ihre Schläger kaufen und uns damit unserem Idol ein bisschen näher fühlen – wenn’s denn überhaupt hilft. Denn zum einen sind ihre Schläger mit ganz anderen Komponenten ausgestattet als die, die von der Stange kommen – die High-End-Produkte der Schaft- und Griffhersteller spielen finanziell in einer eigenen Liga. Zum anderen ist die Zielgruppe potenzieller Profiteure dieser spezifischen Muscleback-Eisen im Amateurbereich eher überschaubar. Und das Letzte, was Golfer wollen – ob Profi oder nicht – ist ein schlecht passender Schläger, der einen guten Schwung bestraft.
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GOLF REVUE Ausgabe 2/2020