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Der Berg als Gerüst

Eindrucksvolle Landschaften, schroffem Konturen und starke Farben sind für die großformatigen Gemälde von Herbert Brandl ebenso charakteristisch wie das Wechselspiel von abstrakter Farbentladung und Gegenständlichkeit. Silvie Aigner besuchte den Künstler in seinem Wiener Atelier.

Der Berg als Gerüst
Der Berg als Gerüst
Der Berg als Gerüst

Text: Silvie Aigner, Fotos: Sabine Klimpt

Herbert Brandl in seinem Wiener Atelier

Die Natur und insbesondere die Gegend seiner Kindheit im steirischen Schwanberg bilden für den Künstler bis heute eine unerschöpfliche Quelle an Motiven, die er in seine Malerei übersetzt. Der Berg spielt dabei eine besondere Rolle. „Mein Vater malte im Stiegenhaus an die Wand einen Berg“, erinnert sich Herbert Brandl, „ich habe damals in kindlicher Manier eine kleine Figur dazugezeichnet, wohl auch stellvertretend für mich selbst und ‚Matterhorn‘ daruntergekritzelt.“ Die Zeichnung im ehemaligen Elternhaus existiert bis heute. „Ich habe mir aus dieser Zeichnung mein eigenes Matterhorn gemacht, einen Art Sehnsuchtsort. Der Berg hat mich über Jahrzehnte hinweg, durch seine markante Form und wohl auch durch die Verbindung mit der Erinnerung an eine besondere Situation angezogen. Später bin ich auch zum Matterhorn gereist, es war irgendwie unumgänglich.“ Bis heute bildet die ikonische Berggestalt mit dem hoch aufragenden Gipfel einen kontinuierlich Ausgangspunkt vieler Gemälde und Zeichnungen.

Ein Berg hat etwas Elementares

Sie ist jedoch eine Referenzform, ebenso wie der Mount Everest, den er mit wenigen Linien vor Kurzem auf eine mittelgroße Leinwand setzte. „Ein Berg hat etwas Elementares, von seiner Form geht durchaus der Impuls aus, diese auf die Leinwand zu übersetzen.“ Doch, so Brandl, gehe es ihm nie um eine mimetische Darstellung. Vielmehr fungiert die Gebirgsform auf der weißen Leinwand als „eine Art Gerüst, um dann in den malerischen Prozess einzutreten. Ich bewege mich in einer Art freiem Raum, das heißt, ich habe keine vorgefertigte Bildkonzeption, sondern eine Art Sehnsucht, eine vage Vorstellung. Ich lasse mich auf das Bild ein, ohne jedoch am Beginn das Endresultat zu kennen. Es gibt auch Zeiten, da greife ich keinen Pinsel an, sondern sammle Bilder – aus Büchern, Magazinen, aus dem Internet und auch auf meinen Spaziergängen.“ Diese Bilder bleiben im Gedächtnis und werden zu einer Bildidee.

Über Rückzugsorte und dem Malprozess

Schwanberg ist dabei ein immer wieder gerne aufgesuchter Rückzugsort zwischen intensiven Arbeitsphasen. „Die Wälder um Schwanberg, die Landschaft der Schwarzen Sulm sind eine Gegend, in die ich richtiggehend eintauchen kann. Man geht auf in der Wahrnehmung dieser vielfältigen Natur. Oft gehe ich nur spazieren und nehme alles in mich auf. Es genügt, einfach dort zu sein.“ Entscheidend sei vor allem der Malprozess und die Farbe an sich, die im Fokus steht. „Ich verwende Farbe auch aus einem gewissen Impuls heraus, weil sie mir gefällt oder weil sie einen Kontrast zu einer anderen Farbfläche bildet. Ich nehme Farbe wie ein Wesen wahr, nie jedoch drückt sie meine eigene emotionale Empfindlichkeit in der Farbe aus.“ Sein dynamischer Arbeitsprozess, meint Brandl, sei „wie eine Farbschlacht“, in der phasenweise einzelne Farbtöne exzessiv verwendet werden. „Es gibt Farben wie etwa Magenta, das immer wieder vorkommt, oder auch Blau, doch gibt es Zeiten, da kann ich kein Blau verwenden. Dafür spielen sich andere Farben in den Vordergrund, ohne dass ich bewusst benennen könnte, warum.“ Brandl malt direkt auf die Leinwand, ohne Vorzeichnung. Die Farbschichtungen, aufgetragen mit Farbrolle, evozieren Räumlichkeit, wenngleich es sich nicht um einen Illusionsraum handelt, sondern viel mehr um die Architektur der Malerei selbst und ihre immanenten Parameter.

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